Am 27. Januar 1945 wurden die überlebenden Häftlinge im KZ Auschwitz-Birkenau durch Soldaten der Roten Armee befreit. Seit 1996 ist dieser Jahrestag ein bundesweit gesetzlich verankerter Gedenktag in Deutschland. 2005 erklärten die Vereinten Nationen diesen Tag zum internationalen Gedenktag zu Ehren der Opfer des Holocaust.
Was hat das nun mit Crawinkel zu tun? Seit 1935 wurden im Wald bei Crawinkel in der Luftmunitionsanstalt 1/IV Fliegerbomben und Munition gefertigt, die Tod und Verderben über Europa und die ganze Welt brachten. Im benachbarten Jonastal sollte zum Kriegsende ein Führerhauptquartier errichtet werden, für das Tausende Zwangsarbeiter in das Außenkommando S III des KZ Buchenwald nach Ohrdruf, Crawinkel und Espenfeld verschleppt und dort ermordet wurden. Das Außenkommando war vom 14. November 1944 bis zum 15. Januar 1945 sogar eigenständig und eines von drei zentralen Konzentrationslager allein in Thüringen. Am Abend des 04. Aprils 1945 erreichten amerikanische Soldaten das Nordlager in Ohrdruf und wurden hier zum ersten Mal in Europa selbst zu Augenzeugen der bestialischen, menschenverachtenden sowie menschenvernichtenden Zustände und Einstellungen der deutschen Machthaber und Handlanger. Die Fotos und Filmaufnahmen aus dem Lager Ohrdruf gelten auch zu den Zeugnissen des Holocaust im Dritten Reich...
Seit 2012 wird Crawinkel zunehmend als Ort rechtsextremen Gedankenguts in der Öffentlichkeit wahrgenommen, weil sich Angehörige der Band Sonderkommando Dirlewanger (S.K.D.) eine Immobile mit Veranstaltungs-, Wohn- und Probenräumen kaufte. Der Bandname dient der Verherrlichung der SS-Sondereinheit Dirlewanger, die im Krieg vor allem durch im großen Ausmaß verübte Kriegsverbrechen bekannt wurde. Bewohner und Sympathisanten treten seit dem als „Hausgemeinschaft Jonastal“ oder „Kameradschaft Jonastal“ öffentlich und provokativ auf und sorgen mit ihren Rechtsrock Veranstaltungen im Ort für Verunsicherung, Einschüchterungen und regelmäßige Polizeikontrollen. Das Zusammenleben im Ort ist seit dem extrem beeinträchtigt. Gleichzeitig bildete sich mit den ersten Konzerten ein Crawinkler Bürgerbündnis für Demokratie zur Stärkung der Zivilgesellschaft im Ort und für sichtbaren Protest gegen die sich abzeichnenden Entwicklungen.
Lammert bei Holocaust-Gedenken: Demokratie verteidigen
Quelle:Thüringer Allgemeine am 30.01.2013
Zum Holocaust-Gedenken im Bundestag hat Parlamentspräsident Norbert Lammert zur Verteidigung der Demokratie aufgerufen. Die Hauptrednerin Inge Deutschkron schilderte ihre persönlichen Erlebnisse im Berlin der Nazi-Zeit.
Zum Holocaust-Gedenken im Bundestag hat Parlamentspräsident Norbert Lammert (CDU) zur Verteidigung der Demokratie aufgerufen. Sie sei nicht ein für alle Mal geschenkt, "sondern muss täglich gestaltet, mit Leben erfüllt und auch verteidigt werden", sagte Lammert. Die Hauptrednerin Inge Deutschkron schilderte ihre persönlichen Erlebnisse im Berlin der Nazi-Zeit und erinnerte an Versäumnisse im Nachkriegsdeutschland.
Wie "bitter nötig" der Einsatz für die Demokratie auch heute noch sei, hätten die NSU-Mordserie und antisemitisch motivierte Gewalt gezeigt, sagte Lammert. Mit der Gedenkstunde bekunde das Parlament auch seinen Willen, "alles zu tun, damit eine ähnliche menschengemachte, staatlich organisierte Katastrophe sich nie mehr ereignen kann".
Lammert kritisierte in dem Zusammenhang, dass die Veranstaltung nur von Phoenix, nicht aber von den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF übertragen wurde. "Noch schöner wäre es", wenn auch ARD und ZDF es "wichtig genug" gefunden hätten, das Gedenken "einer breiten Öffentlichkeit im Hauptprogramm öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten zu vermitteln".
Die Hauptrede hielt die deutsch-israelische Journalistin und Autorin Inge Deutschkron, die die NS-Zeit als jüdisches Mädchen im Untergrund überlebte. Sie schilderte, wie die Juden in Berlin beinahe täglich neuen Schikanen und Verboten ausgesetzt worden waren. "Eine Riege von Unmenschen im Reichsinnenministerium" habe offenbar nur eine Aufgabe gehabt: "Wie man Leben zur Qual macht".
Deutschkron berichtete weiter, wie die Juden schließlich systematisch aus Häusern und Fabriken geholt und aus Berlin abtransportiert wurden, und wie die übrige Berliner Bevölkerung bei solchen Aktionen weggeschaut habe: "Nur nichts wissen, was man hier tut." Die Schriftstellerin berichtete auch von dem "Gefühl von Schuld", das sie als Überlebende nie wieder losgelassen habe.
Deutschkron schilderte aber auch von den Enttäuschungen jüdischer Deutscher in der Nachkriegszeit. So habe ihr Vater, ein Pädagoge im britischen Exil, lange und vergeblich darauf gewartet, dass Deutschland ihn nach 1945 zurückhole. "Doch dieser Ruf, diese Einladung kam nicht." Ihr selbst sei nach Kriegsende oft gesagt worden, sie solle vergessen und vergeben. Sie kritisierte zudem den ersten Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) für seine Aussage, die Mehrheit der Deutschen sei Gegner der Nazi-Verbrechen gewesen. "Ach, wäre das doch die Wahrheit gewesen", sagte Deutschkron.
Der Gedenktag erinnert an die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 1945. Da der 27. Januar in diesem Jahr auf einen Sonntag fiel, wurde die Gedenkstunde im Bundestag auf den 30. Januar verlegt. Damit fiel er mit dem 80. Jahrestag der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten zusammen; an dem Tag 1933 wurde Adolf Hitler Reichskanzler.
Adam Berry, Kay Nietfeld / 30.01.13 / AFP
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